2052. Nach der Sprachenrevolution: Ein Blick in die Zukunft
(Als mein Freund J.K. (er besteht darauf, anonym zu bleiben) mit seinem
Computer herumspielte, fand er zufällig ein Programm, das ihm den Zugriff auf
zukünftige Dateien ermöglichte, insbesondere auf eine Reihe von Dokumenten, die
in den 2050-er Jahren geschrieben worden waren. Leider hatte er sich nicht
gemerkt, wie er vorgegangen war, und fand nachher niemals wieder zu seiner
Entdeckung zurück. Trotzdem können wir uns glücklich schätzen, denn als er über
einen Text stolperte, in dem es um das Sprachenproblem ging, war er
geistesgegenwärtig genug, es für mich auszudrucken. Hier ist es.)
Meine Damen und Herren Geschworene, Sie haben die Zeugen gehört. Ich werde
Ihre Zeit nicht damit verschwenden, die vorgetragenen Beweise zusammenzufassen.
Sie sprechen für sich selbst. Aber ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf einen
interessanten Punkt lenken: wie oft benutzten die Zeugen den Ausdruck "als
ob": "Sie handelten, als ob es keine Alternative gäbe", "als ob es
keine Tatsachen gäbe, die zu prüfen wären", "als ob unser Vorschlag lächerlich
gewesen sei", "als ob jene Sprache nicht existiert hätte", und so weiter
und so fort. Die Wiederholung dieses Ausdruckes betont nachdrücklich, wie
beharrlich die Angeklagten die Wirklichkeit ignoriert haben. Sie gehörten
vermeintlich zu der politischen, ökonomischen, kulturellen, akademischen oder
sozialen Elite der Welt, sie besetzten Positionen von immensem Prestige und
immenser Verantwortlichkeit, ihre Entscheidungen hatten Einfluss auf das Leben
aller Bewohner unseres Planeten, dennoch erwiesen sie sich als so
verantwortungslos wie kleine Kinder. Und jetzt - Sie haben sie gehört -
verteidigen sie sich: "Wir haben es nicht gewusst", "Wir haben es nicht
erkannt".
Warum haben sie es nicht gewusst? Haben sie es nicht
miterlebt, dass Reisende in peinliche Situationen gerieten, weil sie keine
Möglichkeiten hatten, mit den Einheimischen zu kommunizieren? Haben Sie nicht
gesehen, dass die Investitionen unserer globalen Gesellschaft in
Sprachunterricht astronomisch hoch waren und die Ergebnisse miserabel? War
Ihnen, wenn sie an internationalen Treffen teilnahmen, nicht bewusst, dass
Dolmetscher in den Kabinen saßen, dass die Stimme, die sie in ihren Kopfhörern
hörten, nicht die des Redners war, dass der simultane Gebrauch so vieler
Sprachen eine Menge Geld kosten musste? Haben sie nicht gewusst, dass überall
auf der Welt Abermillionen junger Leute ihr Hirn strapazierten in dem Bestreben,
Englisch zu lernen, eine Sprache, die nachgewiesenermaßen so schwer zu erfassen
ist, dass im Schnitt nach sieben Jahren mit vier Wochenstunden Unterricht nur
ein Prozent der Studenten über brauchbare Kenntnisse verfügten? Haben sie in den
Zeitungen nicht von dem Flugzeug gelesen, das aufgrund der Sprachprobleme
zwischen dem Piloten und dem Kontrollturm abstürzte? Für einige von ihnen ist
Englisch die Muttersprache. Haben sie sich niemals gegenüber Ausländern, mit
denen sie gesprochen haben, überlegen gefühlt, und haben sie sich niemals selber
gefragt, ob dies normal oder gerecht ist? Für einige von ihnen ist Englisch
nicht die Muttersprache. Haben sie sich niemals ihren Kollegen aus
englischsprachigen Ländern unterlegen gefühlt? Waren sie in Diskussionen niemals
verärgert, weil ihnen die Wörter, die sie brauchten, nicht einfielen, während
ihre Partner alle Ressourcen ihrer Muttersprache ins Feld führen konnten? Wie
kann man in unserer Gesellschaft leben und nicht erkennen, dass es auf der Welt
ein Sprachenproblem gibt?
Eine skandalöse Gleichgültigkeit
Lassen Sie uns das Unmögliche annehmen und uns vorstellen, dass sie es
schafften, ein internationales Leben zu leben, ohne auf die negativen Aspekte
der sprachlichen Realitäten zu stoßen. Konnten sie auf ihrer gesellschaftlichen
Ebene ihre globale Verantwortlichkeit wirklich kompetent geltend machen ohne zu
wissen, wie Kommunikation funktioniert? Es war ihre Pflicht, es zu wissen, um so
mehr, als sie das Geld hatten und das Personal, das zum Sammeln von
Informationen und Organisieren der Forschung nötig war. Der Grund, aus dem sie
nichts wussten, ist, dass es sie nicht interessierte, und es interessierte sie
nicht, weil sie kein Mitleid hatten. Mit einer beängstigenden Gleichgültigkeit
ignorierten sie die Zwangslage einer enormen Zahl von Flüchtlingen und
Gastarbeitern, für die die Unmöglichkeit, sich adäquat auszudrücken - aufgrund
des Fehlens einer gemeinsamen Sprache - eine Quelle von Ungerechtigkeit,
psychologischen Elends und sogar Tod war. Sie haben die Zeugen gehört. Es wird
schwierig sein, den Fall des deutschen Krankenhauses zu vergessen, in dem 50%
der organtransplantierten Patienten starben, weil sie - aufgrund des Fehlens
einer gemeinsamen Sprache mit dem Krankenhauspersonal - einfach die Anweisungen
nicht verstanden, die ihnen bezüglich ihrer Pflege gegeben worden waren. Sie
ignorierten solche Realitäten. Wenn ein Ausländer von der Polizei ungerecht
behandelt behandelt wurde, weil er sich nicht verständlich machen konnte, hat es
sie nicht gestört. Wenn ein leitender Angestellter einen wichtigen Vertrag
verlor, weil seine Englischkenntnisse nicht dem in der Verhandlung gefragten
Niveau entsprachen, warum sollte sie so etwas beunruhigen? Dass Geld, das
schlechterdings für alle möglichen sozialen Bedürfnisse gebraucht wurde,
verschwenderisch für ein unglaublich kompliziertes und teures System
sprachlicher Kommunikation ausgegeben wurde, war ihnen völlig gleichgültig.
Jedoch: Lag es nicht in ihrer Verantwortlichkeit, auf humane Weise auszuwählen,
was mit dem Geld des Steuerzahlers geschehen sollte?
Lassen Sie mich nur ein
Beispiel von vielen, die angeführt werden könnten, auswählen: Während sie die
Macht ausübten, starben viele afrikanische Kinder an Austrocknung, einer so
schrecklichen Austrocknung, dass ein Kind keine Tränen mehr produzieren konnte,
wenn es weinte. Obwohl zwölf Cent ausgereicht hätten, ein Kind zu retten, waren
sie unfähig die Mittel aufzutreiben, um die Kinder, die diesem Alptraum
ausgeliefert waren, zu schützen. Dennoch wurden gleichzeitig jeden Tag in der
Europäischen Union mehr als eine Million Dollar für die Übersetzung der
täglichen anfallenden Menge von 3.150.000 Wörtern ausgegeben! Wenn man ihnen von
dramatischen globalen Problemen wie Hunger berichtete, schüttelten sie scheinbar
mitleidig ihre Köpfe über die Knappheit der Mitte, aber sie taten es, ohne die
Diskrepanz zu empfinden, in genau den Organisationen, die Millionen von Wörtern
zum Preis von zwei US-Dollar pro Wort übersetzten. Was für eine Elite ist das?
Ist es nicht selbst für den Einfältigsten offensichtlich, dass das, was für
einen bestimmten Zweck ausgegeben wird, für einen anderen nicht verfügbar ist?
Und dass als Konsequenz daraus die Festlegung angemessener Prioritäten eine
schwerwiegende moralische Pflicht ist? Und trotzdem zögerten sie in sämtlichen
internationalen Organisationen - und Gott weiß, wie viele es davon gibt -
niemals, riesige Geldmenge für Sprachdienste vorzusehen. Tatsächlich kam es
ihnen niemals in den Sinn, eine objektive Studie in Angriff zu nehmen über die
der Gesellschaft aufgrund wegen der vielfältigen sprachlichen Probleme
entstehenden Kosten und die möglichen Lösungen. Wäre auf dem Gebiet der
sprachlichen Kommunikation keine bessere Organisation möglich gewesen? Diese
Frage haben sie sich nie gestellt. "Wir taten, was getan werden konnte, es
gab keine andere Möglichkeit", behaupten sie.
Eine Lösung gab es schon lange
Keine andere Möglichkeit? Esperanto existierte! Es war seit mehr als einem
Jahrhundert in Gebrauch. Denjenigen, die klug genug gewesen waren, es für sich
anzunehmen, ermöglichte es bereits großartige Kommunikationsmöglichkeiten ohne
die Notwendigkeit, einen einzigen Cent in Sprachdienste zu investieren, ohne
Diskriminierung unter den Völkern, nach einem zumutbaren kleinen Aufwand an Zeit
und Mühe (es war bereits bekannt, dass sechs Monate Esperantolernen zu einem
Kommunikationsniveau führen, wie es nach sechsjährigem Englischlernen erreicht
werden kann.) Aber für die bedeutenden Mitglieder unserer "Elite" gab es diese
Alternative, die kostengünstige Lösung des Sprachproblems, einfach nicht. Wenn
ihre Aufmerksamkeit darauf gelenkt wurde - und das geschah, sie haben die
Beweise gesehen - erhoben sie systematisch eine Reihe von Einwänden, ohne deren
Gültigkeit zu prüfen.
"Esperanto funktioniert nicht", sagten sie,
während es so einfach war, es bei internationalen Treffen und Kongressen zu
benutzen und festzustellen, dass es viel besser funktionierte als jedes
konkurrierende System wie Englisch oder Simultanübersetzung. "Es ist
künstlich", sagten sie, aber sie weigerten sich, als sie eingeladen wurden,
Kindern zuzuschauen, die auf Esperanto mit einer Spontaneität des Ausdrucks
lachten und spielten, die ihr Vorurteil einfach widerlegt hätte, hatten aber
keine Skrupel, in ein Mikrophon zu sprechen und einer anderen Stimme als der des
Vortragenden zuzuhören, was, wie Sie mir zustimmen werden, wirklich kein
eindrucksvolles Beispiel für natürliche Kommunikation ist. "Es hat keine
Kultur", behaupteten sie, obwohl sie niemals ein Wort esperantosprachiger
Dichtung gelesen hatten, obwohl sie nichts über die Entwicklung
esperantosprachigen Theaters oder Esperanto-Literatur wussten, obwohl sie
niemals an einer wissenschaftlichen Vorlesung in dieser Sprache teilgenommen
hatten. "Es ist starr und inhaltslos", wiederholten sie, ohne es jemals
einer vergleichenden linguistischen Analyse zu unterziehen, die sie zu der
Folgerung gezwungen hätte, dass es wegen seiner agglutinierenden Struktur
flexibler und ausdrucksreicher als viele renommierte Sprachen ist. "Es ist
keine lebende Sprache", protestierten sie, ohne etwas über das Milieu zu
wissen, wo es im täglichen Einsatz war, und ohne sich selbst zu fragen, was die
Kriterien für Leben bei einer Sprache sind und wie Esperanto diese erfüllte.
"Es wäre eine Schande, wenn Menschen ihre eigene Sprache zugunsten von
Esperanto aufgeben würden", sagten sie, leichtfertig darüber hinweggehend,
dass Esperanto niemals die Absicht hatte, andere Sprachen zu ersetzen, sondern
nur eine praktische Methode war, sprachliche Barrieren zu überwinden, so wie
Latein im Mittelalter in Europa, und Berichte über das Sterben von Sprachen -
eine Sprache pro Woche in den 2000'er Jahren - ignorierend, das durch die
erdrückende Wirkung verschiedener Hauptsprachen, besonders des Englischen, das
von vielen Soziolinguisten als "Killersprache" bezeichnet wurde, hervorgerufen
wurde.
Eine Sprachrevolution
Es gibt keinen Grund, länger bei diesen Vorurteilen zu verweilen. Sie wissen,
welcher Art sie sind. Fünfundzwanzig Jahre, nachdem die Bürger rebellierten und
die linguistische Revolution stattfand, sehen Sie überall, wie sehr sich die
Welt zum Besseren gewandelt hat. Sie können ohne Sprachschwierigkeiten in der
ganzen Welt herumreisen. Internationalen Organisationen bleiben die
unglaublichen Kosten für ihre Sprachdienste erspart, so dass große Geldmengen
für wesentliche Projekte verfügbar wurden. Überall auf der Welt lernen junge
Leute, nach einem Esperanto-Grundkurs, alle möglichen anderen Sprachen, für die
sie sich interessieren, was die intellektuelle Mannigfaltigkeit unserer globalen
Gesellschaft erweitert - ein bedeutender Faktor fruchtbaren Gedankenaustausch -
wobei echtes gegenseitiges Verständnis gefördert wird. Die vielen negativen
Auswirkungen des Monopols des Englischen auf das kulturelle Leben vieler
Menschen - es gab seinerzeit in der Schule so gut wie keine Alternative -
verschwinden nach und nach. Flüchtlinge und ausländische Arbeitnehmer werden
jetzt verstanden, wohin auch immer sie gehen. Experten, die an internationalen
Diskussionen teilnehmen, werden wegen ihrer Fachkenntnisse und nicht länger
wegen ihrer Englischkenntnisse ausgewählt, wodurch viele ausgeschlossen wurden,
da, wie Sie wissen, viele Menschen mit einer mathematischen oder technischen
Begabung Schwierigkeiten mit Sprachen haben. In den Vereinigten Staaten, in
Großbritannien und anderen englischsprachigen Ländern entdecken Studenten andere
Kulturen aus einer neuen Perspektive, und die Notwendigkeit, eine andere, exakte
aber einfache und psychologisch sehr befriedigende Sprache zu lernen, hat
wohltuende Auswirkungen auf ihre Aufgeschlossenheit gegebenüber der Welt und
gegenüber intellektuellen und kulturellen Entwicklungen. In Indien ist der
Konflikt zwischen rivalisierenden Verfechtern von Englisch, Hindi und anderen
Sprachen abgeflaut, ebenso wie die linguistischen Spannungen in Beligen,
Kamerun, Nigeria und vielen anderen Ländern.
In der Tat hat die Menschheit
jenen viel zu verdanken, die Druck auf die Regierungen ausgeübt haben, überall
auf der Welt einen koordinierten Esperantounterricht zu organisieren. Aber sie
hat auch eine gewisse Dankesschuld gegenüber den Regierungsfunktionären, deren
nichtnachlassende Anstrengungen die Annahme der ursprünglichen Deklaration
sicherstellten, die die Wahrheit über die Sprache offiziell wiederherstellte.
Zum ersten Mal wurde sie aus einer angemessen Perspektive betrachtet. Als die
Öffentlichkeit erkannte, dass sie jahrzehntelang betrogen worden war, begann der
heute berühmte "Esperanto Goldrausch", so dass sich die Sprache sogar schon
verbreitete, bevor der allgemeine Unterricht organisiert war.
Eine schwerwiegende Verantwortung
Wenn ich einige Zeit darauf verwandte, Sie an den immensen Nutzen zu
erinnern, den wir alle heute aus der Änderung der Einstellung gegenüber
Esperanto ziehen, so deshalb, um zu verdeutlichen, dass die Angeklagten dafür
verantwortlich sind, dass dies so spät geschah. Schon 1920 führte der Völkerbund
eine sachliche Studie über dieser Angelegenheit durch und empfahl den
Regierungen, überall den Esperantounterricht zu organisieren, so dass Esperanto
zur zweiten Sprache für jedermann werden könne. Dies wurde als das beste Mittel
auf dem Weg zu einer angenehmen internationalen Kommunikation auf
gleichberechtigter Basis empfunden, das zugleich das Überleben und Gedeihen
aller Sprachen und Kulturen garantieren würde. Aber den Regierungen gelang es,
den Bericht des Völkerbundes zu ignorieren. Die wahren Qualitäten von Esperanto
waren für jeden Menschen guten Glaubens immer sichtbar. Schon 1930 war die
Esperantoliteratur und der Gebrauch der Sprache auf internationalen Kongressen
so gut entwickelt, dass eine Negierung ihrer menschlichen und kulturellen Werte
nur bei Verzicht auf Rechtschaffenheit und die Pflicht zur Objektivität möglich
war. Nun, viele Jahrzehnte lang verzichtete die "Elite" darauf. Die Antwort
dieser Leute auf Vorschläge, die zum Ziel hatten, zum Gebrauch von Esperanto zu
ermuntern war voller Verachtung und bar jeder objektiven Basis. Zu keiner Zeit
versuchten sie ihre Sache zu beweisen. Dass Esperanto nichts wert war, galt als
sicher. Und darum sollten sie verurteilt werden. Dieses Verfahren sollte als
Beispiel dienen, das den Völkern der Welt zeigt, dass der Mangel an
demokratischen Prinzipien, die Preisgabe von Objektivität, die Verweigerung,
Tatsachen zu prüfen, die Entscheidung, eine Idee zu verwerfen, ohne sie
überhaupt in Betracht zu ziehen, die Gleichgültigkeit gegenüber Leid und die
Weigerung, Prioritäten aufgrund ethischer Betrachtungen zu setzen, nicht
unbestraft davonkommt.
Die Gesellschaft hat Rechte. Das Recht, zu
kommunizieren, ist ein Recht, das ernst genommen werden muss, genauso wie das
Recht auf Gleichbehandlung. Als die Angeklagten die Gesellschaft beherrschten,
manipulierten sie die Meinungen auf sehr subtile Weise, indem sie den Leuten
eine Zahl von Entstellungen in den Kopf setzten, die schuld daran sind, dass
eine neutrale internationale Sprache so spät angenommen wurde. Es ist für Sie
alle heute offensichtlich, die wegen ihrer Unfähigkeit, sich in einer fremden
Spache auszudrücken, in eine Unterlegenheitsposition gebracht wurden,
Opfer des Weltkommunikationssystems waren. Aber die sogenannte Elite
schaffte es, dass diese Opfer sich schuldig fühlten. Schuldig der Faulheit, der
Unfähigkeit, ihr Gehirn ordentlich zu benutzen. "Wenn sie sich nicht
verständigen können, ist es ihr Fehler, sie hätten Sprachen lernen sollen",
sagten sie, ohne sich zu fragen, ob es allen möglich war, eine andere nationale
Sprache zu beherrschen und ob es nicht eine gerechtere Alternative zu ihrer
linguistischen Weltordnung, oder besser, Unordnung, gegeben hätte.
Sie sind schuldig
Meine Damen und Herren, die Angeklagten haben keine Entschuldigung. Sie
leben in einem Jahrhundert, in dem im Rechtswesen wie in der Wissenschaft keine
Behauptung aufgestellt wird, bevor nicht die Tatsachen ermittelt wurden. Sie
aber haben wiederholt behauptet, dass es sinnlos sei, nach einem besseren System
für die internationale Kommunikation zu suchen, ohne jemals die Tatsachen über
Esperanto in Betracht gezogen zu haben. Sie leben in einem Jahrhundert, in
dem zwischen mehreren vorhandenen Wahlmöglichkeiten Vergleiche gezogen werden,
so dass diejenigen, die die Entscheidung zu treffen haben, die Option mit den
meisten Vorteilen und den wenigsten Nachteilen auswählen können. Sie haben sie
gehört. Gefragt, wann sie, im Feld, auf der Basis fest definierter Kriterien,
die verschiedenen Systeme internationaler Kommunikation einschließlich Esperanto
verglichen haben, blickten sie belämmert zu Boden. "Wir haben einfach nicht
daran gedacht", murmelte einer von ihnen. Aber sie haben zugegeben, dass
sie, wenn sie in anderen Bereichen das Geld der Steuerzahler oder Anteilseigner
ausgegeben haben, Vorschläge angehört oder auf andere Art verschiedene
Möglichkeiten geprüft hätten, um die die beste zu wählen.
Sie leben in einem
Jahrhundert, in dem man erwartet, dass Diskriminierung verbannt wird. Aber ihre
Einstellung gegenüber Menschen, die versuchten, ihnen die Möglichkeiten - und
die Realität - von Esperanto bewusst zu machen, war fortwährend diskriminierend:
jene Leute wurden abgewiesen, ohne angehört worden zu sein, ohne dass ihre
Dokumente gelesen und ordnungsgemäß berücksichtigt worden wären. Dies war, wie
sie beim Anhören der Aussagen feststellen konnten, insbesondere in der
Europäischen Union der Fall, aber es hätten viele andere Beispiele beigebracht
werden können. Nein, sie haben keine Entschuldigung. Es ist selbst jetzt noch
zweifelhaft, dass sie das Ausmaß der Frustrationen, des Aufwandes an Energie,
der Niederlagen, des Leidens, der menschlich inakzeptablen Verschwendungssucht
erkennen, das ihre vorsätzliche Ignoranz der sprachlichen Realitäten
hervorgerufen hat. Alle diese negativen Aspekte, die so leicht zu vermeiden
waren, wie es unser heutiges Leben zeigt, wurden für unvermeidlich betrachtet,
ebenso wie Sklaverei jahrhundertelang als selbstverständlich betrachtet wurde,
so dass sogar Sklaven sie für eine unentrinnbare Lebenswirklichkeit hielten.
Jahrzehntelang wurden die unzähligen Opfer der internationalen sprachlichen
Unordnung dahingehend manipuliert zu glauben, dass es keine Alternative gäbe.
Dies ist unentschuldbar, in Anbetracht sowohl des intellektuellen Niveaus der
verantwortlichen Personen wie auch ihrer juristischen, wissenschaftlichen oder
politischen Ausbildung, die ihnen dennoch die Notwendigkeit von Objektivität und
Verifizierung nicht klarmachen konnte.
Meine Damen und Herren Geschworene,
sie schulden es der Gerechtigkeit und den zukünftigen Generationen, sie ohne
jeden Zweifel schuldig zu sprechen. Das Gericht...
(An dieser Stelle
bricht der Text plötzlich ab.)
http://www.aliaflanko.de/deutsch/text/2052.html
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